Ist der Pflegeberuf gut genug für die High Potentials der jungen Generation?
Das Image des Gesundheitswesens, besonders das der Pflegeberufe, verführt derzeit nicht gerade dazu, die besten Schulabgänger für sich gewinnen zu können.
Fragwürdige Führungsstrukturen, extremer Personalmangel und wenig gute Aufstiegschancen rasen so gut wie täglich durch die Presse und dienen als abschreckendes Beispiel für Schulabgänger. Die Krankenhäuser sind jedoch stärker denn je auf die junge Generation angewiesen, denn dem Pflegeberuf fehlt es immer mehr an Nachwuchs.
Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Stimmung am Arbeitsplatz, sondern auch auf die Anzahl an neuen Bewerbern und nicht zuletzt auf die Qualität der Arbeit.
Mitarbeitergewinnung ist immer untrennbar von Mitarbeiterbindung und es ist erforderlich, dass hier dringend eine Weiterentwicklung stattfindet, und zwar auf die Bedürfnisse der Generation Z, die jetzt ins Berufsleben einsteigt. Gen Z hat vollkommen andere Ansprüche an die Arbeitswelt und es gilt, darauf schnell zu reagieren.
Was unterscheidet also die verschiedenen Generationen und wie müssen sich Krankenhäuser, besonders im Recruitingprozess auf die neue junge Generation einstellen?
Um die Jahrtausendwende kam die so genannte Generation Y auf den Arbeitsmarkt und man nannte sie die Millennials. Sie waren die so genannten Hoffnungsträger, die Digital Natives, die mit der Welt des Internets groß geworden sind. Sie dachten bereits in anderen Dimensionen und zeigten sich optimistisch und leistungsfähig. Für sie ist es völlig normal, ihre Informationen größtenteils aus dem Internet zu beziehen.
Sie suchen ausschließlich online wie zum Beispiel auf gut vernetzten Jobbörsen wie www.medyourjob.de
Sie unterscheiden sich gravierend von ihrer Vorgängergeneration X, die ab 1965 geborene Generation, die noch nach dem Motto: „Arbeiten um zu leben“, lebte und der ein leicht pessimistischer Charakter nachgesagt wird.
Natürlich kann man Menschen nicht ausschließlich an ihrem Alter festmachen und sie damit automatisch in eine Schublade stecken, das wissen wir alle und dagegen wehren sich zurecht alle Generationen.
Jedoch geben Studien Anlass zu der Annahme, dass die junge Generation, die jetzt ins Arbeitsleben eintritt, die Welt nochmal mit ganz anderen Augen sieht und andere Ansprüche an zukünftige Arbeitgeber stellt.
Verschiedene Wertemuster und eine ganz unterschiedliche Form des Aufwachsens, beeinflusst durch Werbung, Medien oder Influencer in sozialen Netzwerken, prägen die Generation Z.
Das zeigen auch diverse Studien wie beispielsweise die ZQP Studie, in der Personen zwischen 14 und 18 Jahren zu ihrem Interesse an Pflegeberufen befragt wurden.
https://www.zqp.de/wp-content/uploads/ZQP_Analyse_Sch%C3%BClerPflege.pdf
Im Vergleich zur Altenpflege schnitt das Berufsfeld Gesundheits- und Krankenpflege, insbesondere das der Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger noch deutlich besser ab.
Doch insgesamt nur 6 % der Befragten hielten es für sehr wahrscheinlich, dass sie einen Beruf aus dem Bereich Krankenpflege, Kinderkrankenpflege oder Altenpflege ergreifen werden. Pflegeberufe werden von der Generation Z eher als „out“ eingestuft.
Nochmal geringer an einem Pflegeberuf war das Interesse der Schulabgänger mit Abitur oder Fachabitur.
Eigenschaften, die von den Schülern als wichtig für eine Berufswahl angesehen wurden und zugleich als untypisch für den Pflegeberuf gelten, sind eine gute Bezahlung, freie Wochenenden, genügend Freizeit und die Möglichkeit, die eigenen Ideen im Job einzubringen. Auch als sehr wichtig befunden sind gute Arbeitsbedingungen und nette Vorgesetzte.
Außerdem stehen regelmäßige Arbeitszeiten sowie die Möglichkeit mit moderner Technik zu arbeiten hoch im Kurs. Letzteres dürfte im Pflegeberuf eher schwer umzusetzen sein.
Es stellt sich also die Frage, wer von den Berufseinsteigern für die Krankenhäuser überhaupt noch „übrig bleibt“
Müssen Krankenhäuser nun die Schulabgänger nehmen, die auf dem Bewerbermarkt übrig bleiben oder ist es denkbar, dass auch Schulabgänger mit besseren Noten, die High Potentials sich für einen Pflegeberuf bewerben?
Dazu wäre vermutlich eine konsequente Aufwertung des Pflegeberufs notwendig.
Um die Top-Nachwuchskräfte ist in den vergangenen Jahren ein regelrechter Krieg entbrannt, ein War for Talents. Schuld sind einerseits der demographische Wandel, zum anderen aber auch die immer höheren Belastungen, weshalb es für Krankenhäuser umso wichtiger geworden ist, sich rechtzeitig die Fachkräfte mit hohem Potenzial zu sichern.
Voraussetzung dafür ist ein gutes Talentmanagement, das nicht nur darauf abzielt, externe High Potentials zu finden und für den Pflegeberuf zu gewinnen, sondern auch intern an der Entwicklung und Qualifikation von Top-Talenten zu arbeiten. Das sollte nicht nur in der Wirtschaft der Fall sein, sondern auch für Krankenhäuser selbstverständlich werden um im Wettbewerb nicht auf der Strecke zu bleiben.
Es ist denkbar, wenn man der jungen Generation gute Aufstiegschancen bietet, künftig den Pflegeberuf mit mehr Kompetenzen ausstattet und intern eine bessere Arbeitsplatzkultur schafft, dass sich wieder mehr Menschen der jüngeren Generation für einen Pflegeberuf interessieren und man sogar die sogenannten High Potentials ins Boot holen kann.
Außerdem ist es zwingend notwendig eine Art Aufklärungsarbeit leisten. Wenn man davon ausgeht, dass die befragten Schüler der ZQP Studie den Pflegeberuf als „out“ empfinden, so ist es sehr wahrscheinlich, dass sie ihre Informationen aus den Medien bezogen haben, in denen der Pflegeberuf ein eher schlechtes Image hat. Andere Berufe, wie zum Beispiel aus dem Bereich IT oder Marketing werden hochgelobt, werben mit tollen Arbeitsbedingungen und Benefits und werden in den Medien viel positiver erwähnt.
Es ist also dringend anzuraten, dass auf politischer Ebene sehr viel mehr Werbung für Gesundheitsberufe gemacht wird, so wie in einzelnen Krankenhäusern auch.
Wie und wo rekrutiert man also als Krankenhaus die neue Generation und macht sich als Arbeitgeber interessant? Wichtig ist, dass bei der Rekrutierung der Berufseinsteiger nicht mehr nach dem Post-and-Pray Prinzip vorgegangen wird. Heißt übersetzt: Stellenanzeige schalten und warten. Die Zeiten sind schon lange vorbei.
Heutzutage sind die meisten Menschen online unterwegs. Socialmedia gehört besonders bei den jüngeren Menschen zum Leben dazu, wie früher das tägliche Zeitung lesen. Dies ist ein wichtiger Ansatzpunkt. Bewerber dort abholen wo sie zu finden sind. Die einfache Stellenanzeige ist nicht mehr relevant.
Auch Krankenhäuser müssen endlich realisieren, dass sie sich dringend auf den Social-Media Plattformen präsentieren müssen und ihre Karrierewebsite anpassen müssen, um sich bei den jungen Generationen bekannt zu machen. Um Gesundheitsberufe insgesamt attraktiver zu machen, braucht es dringend einen Blick hinter die Kulissen. Um aufzufallen, ist es wichtig, dass gutes Personalmarketing gemacht wird.
Es geht nicht darum, Riesenaktionen zu starten und Unsummen für ein komplett neues Branding auszugeben. Es geht darum, die Möglichkeiten umzusetzen, die greifbar sind und vorhandene Ressourcen zu nutzen.
Gutes Recruiting ist nicht schwer. Es muss nur aktiviert werden. Interne Prozesse in Krankenhäusern müssen vereinfacht werden, Schnittstellen geschaffen werden. Zusätzlich sollten die internen Mitarbeiterbindungsstrategien besser ausgebaut werden.
Der War-for-talents kann gewonnen werden. Aber nur mit einem konsequenten Plan
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